In Deutschland wird es ihn kaum geben - den Wildpferdehuf ...
Trotzdem gibt es Gegenden, wo Hufe leistungsfähig und gesund sind und von diesen sollten wir lernen.
Dort, wo das Gelände geeignet ist aber der Huf sich nicht selbst trimmt, ist garantiert die Bewegungsfreiheit der Pferde eingeschränkt. Aber es ist mühsam darüber zu spekulieren.
Auf jeden Fall aber gibt es bestimmte Merkmale eines gesunden und leistungsfähigen Hufes:
Hufwand/Wandbereiche
eben und gerade, keine Verbiegungen, Wellen, Beulen
gleiche Wandstärke Seiten- und Trachtenwände und auch der Zehe
Seitenwand oft bogenförmig gewölbt
feste und dichte weiße Linie
natürlich abgerundet (Mustang Roll)
Zehen
kurze Zehenlänge, kurze Trachten
(oft stark abgenutzt bei Wildpferden)
Zehenwinkel zwischen 50° u. 60°, Hinterhufe meist steiler als Vorderhufe
gleiche Wandstärke der Zehe und der Seiten-/ Trachtenwände
Seitenwand oft bogenförmig gewölbt
feste und dichte weiße Linie
Sohle
von weißer Linie bis Strahlspitze konkav gewölbt -
tiefste Stelle der Sohlenwölbung befindet sich an Strahlspitze
dick, zäh und unempfindlich
Strahl, Ballen Eckstreben
flach, trocken, hart, Bodenkontakt
breitester Bereich in Höhe der Trachten
ein gut entwickelter Ballen und der Strahl als Einheit haben den ersten Bodenkontakt (Hufmechanismus)
Eckstreben reichen von Trachten bis Mitte Strahl
Diese Merkmale gilt es, bei der regelmäßigen Hufbearbeitung anzustreben bzw. zu erhalten.
Natürlich herrscht in Deutschland ein anderes Klima. Das wird der gute Hufbearbeiter berücksichtigen und das kann er wiederum nur, wenn er überhaupt einmal weiß, wie ein gesunder und leistungsfähiger Huf überhaupt aussieht und vor allem wie er funktioniert. Wenn er um die Zusammenhänge der inneren und äußeren Strukturen weiß, kann er entsprechend den Klimazonen bearbeitet werden. Das setzt sehr wohl die Gabe voraus, Theorie und Praxis entsprechend umzusetzen.
Mit Sicherheit unterstützt/forciert/verhindert ein vorausschauender Hufbearbeiter die eine oder andere Entwicklung im Huf, um sich bei bestimmten Pferden zur Frage der weiteren Hufbearbeitung Sicherheit zu verschaffen und somit Sackgassen in Art und Weise einer Pflege schnell auf die Spur zu kommen (wahrscheinlich, auch ohne davon den Pferdebesitzer zu unterrichten).
Oft genug geschieht dies seitens des Hufbearbeiters, weil Wunschdenken und Realität des Pferdebesitzers häufig nicht Hand in Hand gehen (man denke an tatsächliche tägliche Arbeitsleistung, auf welchen Böden geritten/gearbeitet wird, Futter, Gesundheit, Hufschutz und nicht zuletzt, wie hygienisch der Auslauf/Box ist). Ja, ein Hufbearbeiter braucht schon Talent, einen Huf zu lesen und den Menschen obendrein.
Weil es so viele Faktoren gibt, die die Hufbearbeitung sehr individuell macht, widerstrebt es mir auch, von E I N E R bestimmten Arbeitsweise als die einzig richtige zu sprechen und dabei auch noch einen Guru oder Namen zu nennen. Allerdings kommt man aber auch nicht weiter, wenn man auf Grund größtmöglicher Neutralität immer im Hinterkopf hat: "Bloß nicht festlegen .... Da könnte man mich ja in eine Schublade stecken".
Ich persönlich halte es so, dass ich mich an dem Beispiel/Vorbild eines gut funktionierenden Hufes halte. Und wenn es ein Mustanghuf ist, ist es ein Mustanghuf. Und wenn ich oder ein von mir Beauftragter in der Lage ist, dies in diesem Sinne zu bearbeiten - ja dann bestens!!
Ich muss es keiner Lobby recht machen, nur meinem Pferd und mir. Wenn das jetzt eben NHCler sind? Was solls? Dogmatische Aussagen aus bestimmten Lagern - ohne diese selbst nach Stimmigkeit zu hinterfragen – möchte ich nicht mehr übernehmen. Auch auf die Gefahr hin, verständnislose Blicke oder Entsetzen (je nach Lager) zu ernten. ...selbst wenn es NHCler sind.
Wenn ich mir recht überlege, wie viel Zeit ich schon verbracht habe, nur über Pferdehufe nachzudenken - freiwillig hätte ich das nie getan. Nur aus der Not heraus.
Zitat: Koffeinqueen
Absolut richtig finde ich dagegen die Aussage "je mehr Tragrandüberstand, desto leichter Verbiegung". ...
Überhaupt kein Tragrandüberstand kann aber entgegen aller Propaganda auch ganz böse nach hinten losgehen...
Ich nehme jetzt einfach mal dieses Zitat her, um an diesem Beispiel zu zeigen, wie schnell man das gleiche meint, aber durch falsche und/oder unglückliche Wortwahl bzw. Auffassungsgabe aneinander vorbei redet und es zu Missverständnissen kommen könnte, wo wahrscheinlich Einigkeit herrscht:
Verbiegungen entstehen nicht durch einen (richtigen) Tragrandüberstand, sondern durch zu langes Wandhorn. Das was Du meinst ist ein zu langes (zu viel) Wandhorn, das im günstigsten Fall gleich weg bricht (harter Boden) und/oder Wandverbiegungen (weicher Boden) entstehen. Ein Wandüberstand ist nicht abgenutztes Horn.
Ein Tragrand ist in dem Sinn ein knapp über oder auch auf Sohlenniveau gekürzter Wandüberstand. Und hier kommt wieder der Hufbearbeiter mit viel Erfahrung und Informationen über das Pferd (Hallenpferd/Geländepferd/Arbeitspensum) und die Bodenverhältnisse ins Spiel. Da kann ein häufiges Nachraspeln je nach Wachstum goldrichtig sein, um den Tragrand nicht zum Wandüberstand werden zu lassen.
Ein Tragrand wird also nicht entfernt, vor allem nicht die Sohlenschwiele; ein Wandüberstand wird gekürzt.
Schade, dass wir noch keine Gelegenheit hatten, uns mit jeder Menge Anschauungsmaterial, verschiedenen Pferden (also Theorie und Praxis) oder auch toten Hufen persönlich auszutauschen. So richtig erklären kann man diese Dinge eigentlich nur, wenn man sieht von was man schwätzt
und sich sozusagen für ein Gespräch "eicht".
Vielleicht habe ich auch in diesem Beitrag ungewollt ein falsches Bild in dem einen anderen geistigen Auge suggeriert, weil ich die falsche Wortwahl traf!?
@ Uschi
Den Cavallo-Bericht habe ich gelesen, wenn auch nur flüchtig. Gleich richtig geärgert hat mich, dass alle "Experten" MÄNNER sind. HÄÄÄÄÄ??? Aber das ist FRAU ja schon gewohnt.
Mich stört das Oberflächliche der Aussagen und wie wenig von Seiten der CAVALLO recherchiert wurde (auch das ist man von CAVALLO gewohnt). Die Bilder sind, was die jeweiligen Aussagen anbetreffen, teilweise echt gruselig und irreführend ... und wenn meine Hufpflegerin einer meiner Ladys eine solche Mustang Roll verpasst hätte ....
und dann:
